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Simplex Typewriter Co. Inc.
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Eine Indexschreibmaschine Der hier vorgestellte "Simplex Typewriter" ist eine Indexschreibmaschine. Index-, auch Zeigerschreibmaschinen genannt, charakterisieren sich durch das Fehlen einer Tastatur, sowie das Funktionieren in zwei Schritten: zunächst wird mit Hilfe einer Zeichenanzeige der gewünschte Buchstabe, Zahl, etc. ausgesucht, danach durch Drücken eines Hebels diese Letter zu Papier gebracht. Meistens sucht die eine Hand aus, die andere drückt den Auslöser. Ernst Martin nennt diese Gattung mit guter Berechtigung auch Eintastermaschinen. (16) Berühmt in unseren Breiten wurde die Zeigerschreibmaschine Mignon, die sich zu Hunderttausenden Exemplaren bis in die 1930er Jahre verkaufte. - sehen Sie mehr Zeigerschreibmaschinen
Ein Business-Writer oder für Kinder? Die Simplex im Wandel der Zeit Die erste Simplex Schreibmaschine wurde 1891 von Analdo M. English erfunden (8) und kam wahrscheinlich im Mai desselben Jahres auf den Markt. (3, 7) Sie war als äusserst preisgünstige Alternative zu den sehr teuren sonst verfügbaren Schreibmaschinen gedacht. So kostete die "Simplex" nur um die zwei Dollar, während man für eine "normale" Schreibmaschine bis 100 Dollar rechnen musste. (1) Zeitgenössische Werbung preist sie klar als günstige Alternative zu teuren Schreibmaschinen an: "to do as good work as any high priced machine". (4) Besonders geeignet sei er für private Zwecke: "Specially adapted for use in private correspondance." (4) Ein früher Vertrieb scheint durch die Empire Publishing Company in 142-148 Worth Street, New York, erfolgt zu sein. (14) In einer Anzeige aus 1892 versucht die Firma, den Simplex Typewriter scharf gegen "billige" Konkurrenzprodukte abzugrenzen: "This machine is not to be placed in the category with other so-called Typewriters, selling for S1.00 and thereabouts, which are utterly useless for any purpose except that of a toy." (14) Sicher kein Spielzeug also!
Etwas später ist die Rede von "educational and business use", also schon eine gewisse Aufweichung des "strikt für Erwachsenen" Prinzips. (19) Das hier vorgestellte Gerät wurde jedoch schon explizit als Kinderschreibmaschine beworben: "Children with a Simplex Typewriter in the home take more interest, learn easier and go ahead more rapidly in school and in after life." Ein Aufkleber auf der Unterseite weist sie ausserdem als von "Franz Carl Weber Spielwaren" in Zürich verkauft aus.
Entwicklungsstufen, Modelle, Varianten 1. Patente Das erste, 1892 patentierte Modell schrieb nur Grossbuchstaben. Dieser erste Simplex Typewriter kam wahrscheinlich im Mai 1891 auf den Markt. (3, 7) In dieser Frühphase firmiert die Simplex Typewriter Co. unter 30 Great Jones Street in New York. (3) Diese Adresse, 30 Great Jones Street, ist der Firmensitz der Geo. Becker & Co., die den "World Type-Writer" vertrieb.
Begünstigter dieses ersten, auf Analdo M. English ausgestellten Patents, ist ein gewisser Philip Becker. (8) Philip Becker scheint auch in nachfolgenden auf die Simplex bezogene Patente auf, so 1899 (gemeinsam mit William J. Thompson (9)) und 1902 (wieder mit Thompson (10)). Der Name Becker war nicht unbekannt in der Erfinderszene der Branche der damaligen Zeit: John Becker war der Erfinder der "World", ebenfalls einer Zeigerschreibmaschine. R. Messenger entwickelt eine interessante Theorie, nach der der Simplex Typewriter eine Vereinfachung der "World" darstellen könnte. (15) 1895 kam eine verbesserte Version heraus, die sowohl Gross- als auch Kleinbuchstaben schrieb. (2) Die Maschine wurde auch als "Little Giant Typewriter" vermarktet. (6)
Auf obenstehendem Patent aus 1902 sieht man die charakteristische Buchstabenanordnung der folgenden Simplex Modelle, also auch für die Simplex Kinderschreibmaschinen. Ein weiteres Novum: die Maschine ist nicht mehr direkt auf der Platte aufmontiert, sondern auf eine Walze gesetzt. Auf untenstehendem auf Samuel A. Thompson ausgestellten Patent aus 1905 ist wiederum eine veränderte Maschine zu sehen: die Glocke fehlt, die Konstruktion wirkt insgesamt vereinfacht. Hier ist wohl schon die weitere Entwicklung in Richtung Kinderschreibmaschine vorgegeben.
Es folgen weitere Patente auf Samuel Alexander Thompsons (20) Name, so 1915 (US1138427), 1916 (US1204912), 1924 (US1521408).
Am 28. Juni 1932 schliesslich erhält Thompson ein Patent auf eine Simplex, die mit einem Blechkörper montiert ist, die mit bedrucktem Blech eine Schreibmaschinentastatur simuliert. Thompson drückt es so aus: "The invention aims for one of its objects to provide [...] a panel having a standard typewriter keyboard arrangement [...], which in addition to causing the typewriter to more closely simulate the appearance of an actual full sized typewriter, affords means whereby the child may learn, and, hence, become familiar with the standard arrangement of the keys of an actual typewriter."
Es folgt noch ein Patent für die Platte, auf die der Simplex Typewriter montiert wird (US1867426, 1932), und Patent US1957373 (1934) mit kleinen Verbesserungen des Grundmodells. Noch sehr spät, am 28. Juni 1949 erscheint das wieder auf S. A. Thompson lautende Design-Patent USD154345. Es betrifft wieder eine Simplex Schreibmaschine auf "falscher" Tastatur. Interessanterweise referenziert das Patent ein Design aus 1934 für eine Variante des Dial Typewriters (USD93087). Es stammt von Samuel I. Berger.
Modellkategorien Bald kommen die schon als Kinderschreibmaschinen vermarkteten Simplex in verschiedenen Varianten auf den Markt. Es sind dutzende Modelle bekannt und eine Übersicht relativ kompliziert zu erstellen. Untenstehende Modellübersicht ist jedoch aufschlussreich: es zeigt, dass die Simplex Typewriter der Reihe "Special" in den Varianten 1, 2, 3 und 5 verkauft wurden, und zwar gleichzeitig! Die "Modellnummer" entspricht dabei dem Verkaufspreis in Dollar! So ist No. 1 die billigste Ausführung mit nur Grossbuchstaben; No. 2 hat Gross- und Kleinbuchstaben; No. 3 ist für breiteres Papier, und hat 68 Charaktere auf 34 Typen; No. 5 schliesslich umfasst 84 Charaktere auf 42 Typen.
Ein weiterer Verkaufsname war "The Practical Typewriter". Mir sind bekannt eine Practical No. 2 und No. 3. Bei dieser Gelegenheit kann man auf den möglichen Hersteller der Simplex Maschinen zu sprechen kommen. Bisher haben wir von A. M. English als dem Inhaber des ersten Patents gesprochen, sowie festgestellt, dass die Simplex Typewriter Co. und die Geo. Becker & Co. dieselbe Adresse in der 30 Great Jones Street in New York hatten. Ob George und der in den Patentschriften genannte Philip Becker Brüder waren, ist noch nicht mit Sicherheit festgestellt. Eine Verwandtschaft wäre aber naheliegend. Ebenso, dass George Becker für den Vertrieb des Simplex Typewriters die Simplex Typewriter Co. gründete. Nun ist es so, dass E. Martin in seinem Buch als Hersteller der Simplex die Firma Robert H. Ingersoll & Bros. nennt. (16, @184) Als weitere Namensvarianten gibt er: Baby-Simplex, Baby Practical, Little Giant, Practical Typewriter 2 und 3, und Improved Simplex. Letztere sei dann "später" von der Simplex Typewriter Co., 210 11th Avenue, New York, hergestellt worden. Die meisten dieser Namen werden auch von M. Adler genannt. (17, @185) Zusätzlich nennt er den Vertriebsnamen Gladstone für England, sowie Eureka für Frankreich. M. Adler bestätigt auch Robert Ingersoll als Hersteller der Simplex. (17, @156) Eine weitere Eigenheit ist die Benennung der respektiven Simplex Typewriters mit der Kennung "Special (Jahreszahl)", also z.B. "Special 1904", "Special 1913", etc. Vermutlich wurden diese aus Anlass von wichtigen Verkaufsmessen hergestellt. (s. R. Polt unter 18) Dann gibt es die "Special Demonstrated Model" Serie, die jeweils einen Buchstaben trägt, also z.B. "Special Demonstrated Model D". Bekannt sind mir die Modelle A, B, C, D, R, S und T. Eine mir bekannte Maschine trägt nur den Namen "Simplex Typewriter Model C", also ohne "special demonstrated". Um die Verwirrung noch abzurunden, wurden die Simplex auch nach Nummern verkauft, also z.B. "Simplex Typewriter Number 150". Wie bei den Grundmodellen 1, 2, 3 und 5 entsprachen die Nummern dem jeweiligen Preis, vielleicht sind also diese Modelle nur durch Preisanpassungen der ursprünglichen Modelle zustande gekommen. Bekannt sind mir die Nummern 100, 160, 240 und 400 für respektive 1, 1.60, 2.40 und 4 Dollar (s. Werbung unten), sowie Number 150 und Number 300.
Spätere Modelle des Simplex Typewriters haben noch denselben Mechanismus, sind aber auf einem bedruckten Blechgehäuse montiert, das eine Schreibmaschinentastatur abbildet.
Insgesamt haben wir es beim Simplex Typewriter mit der womöglichst langlebigsten Schreibmaschine der Welt zu tun. Nach J. Legrand wurden Simplex bis mindestens Ende der 1950er Jahre verkauft. (7) Man kann es sogar anders sehen und sagen, dass die Simplex noch immer weiterlebt, und zwar in den bis heute erhältlichen Etikettenbeschriftern wie mein Freund Alfred einen hat.
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read more: - R. Polt, The Classic Typewriter Page, Simplex, http://site.xavier.edu/polt/typewriters/simplex.html - The Virtual Typewriter Museum, Simplex, http://www.typewritermuseum.org/collection/index.php3?machine=simplex&cat=ic - R. Messenger, The Wonderfully Complicated World of the Simplex Typewriter, http://oztypewriter.blogspot.ch/2011/06/wonderfully-complicated-world-of.html - M. Howard, Antique Typewriters, Simplex 1, http://www.antiquetypewriters.com/collection/typewriter.asp?Simplex%201 - Early Office Museum. Antique Index Typewriters, http://www.officemuseum.com/typewriters_index.htm Quellen / sources: (1) Für eine genauere Preisliste, s. Early Office Museum. Antique Index Typewriters, http://www.officemuseum.com/typewriters_index.htm, besucht am 26.7.2012 (2) The Virtual Typewriter Museum, Simplex, http://www.typewritermuseum.org/collection/index.php3?machine=simplex&cat=ic, besucht am 26.7.2012 (3) Reklame aus 1891, ebay.com, Juli 2012 (4) Reklame aus 1892, ebay.com, Juli 2012 (5) Photo einer Schachtel für die Simplex 1 auf M. Howard, Antique Typewriters, Simplex 1, http://www.antiquetypewriters.com/collection/typewriter.asp?Simplex%201, besucht 26.7.2012 (6) Reklame aus 1897, ebay.com, Juli 2012 (7) J. Legrand, ANALDO ENGLISH SIMPLY INVENTED A TYPEWRITER, in: ETCetera No. 84, December 2008, 7-9 (8) Patent: A.M. English, Type Writing Machine, US481855 vom 30.VIII.1892 (eingereicht 15.V.1891) (9) Patent: P. Becker & W. J. Thompson, Type Writer, US621628 vom 21.III.1899 (eingereicht 14.VI.1897) (10) Patent: W.J. Thompson & P. Becker, Type-Writer, US696304 vom 25.III.1902 (eingereicht 25.III.1901) (11) Aufdruck auf der Wählscheibe des Simplex Typewriter 2 "Special 1910" (12) Patent: S. A. Thompson, Type Writing Machine, US781473 vom 31.I.1905 (eingereicht 21.III.1903) (13) Aufdruck auf Zubehör zum "The New Simplex Typewriter No. 1", Photo auf ebay.com, Juli 2012 (14) Reklame für The Simplex Typewriter, 1892, via Tom & Selena Middleton, auf http://www.flickr.com/photos/tim_and_selena/5052820268 (15) R. Messenger, The Wonderfully Complicated World of the Simplex Typewriter, http://oztypewriter.blogspot.ch/2011/06/wonderfully-complicated-world-of.html, abgerufen am 26.7.2012 (16) E. Martin, Die Schreibmaschine und ihre Entwicklungsgeschichte, Aachen 1949 (17) M. Adler, Antique Typewriters. From Creed to Querty, Schiffer Publishing, 1997 (18) R. Polt, The Classic Typewriter Page, Simplex, http://site.xavier.edu/polt/typewriters/simplex.html, besucht am 26.7.2012 (19) Aufschrift auf Pappzylinder für Zubehör zu "The New Simplex Typewriter No. 1", Photo s.d., ebay.com, Juli 2012. (20) Voller Name in US1521408 (21) Darryl E. Matter, Roxana Marie Matter, A Pictorial Collection of Simplex Typewriters from the Early Twentieth Century, s.d. (ca. 1985) |
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created 24.7.2012 - last update 28.9.2012 Danke für Hinweise und Korrekturen! |