Voss PrivatVoss Privat, n° 203780 (nach 1960?), deutsche Tastatur/ German keyboard
Der "Stammbaum" der Voss Privat, deren Produktion 1959 oder 1960 begann, stellt sich also in etwa so dar:
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Voss Schreibmaschinenfabrik, Wuppertal Auch "Wuppertaler Schreibmaschinenfabrik Voss & Co., Wuppertal, Germany" (2), "Wuppertaler Schreibmaschinenfabrik, Voss Gmbh (3). Ernst Friedrich Voss (1890 - 1964) begann 1947 in Wuppertal mit der Schreibmaschinenfabrikation. 1948 waren die Maschinen auf dem Markt, die Firma Voss produzierte dann bis in die Mitte der 1960er Jahre Schreibmaschinen. (3) Über diese kurze Zeitspanne produzierte die Firma verschiedene Modelle, wobei die Klassifizierung nicht ganz einfach ist. Will Davis schlägt vor, die folgenden drei Stile zu unterscheiden, worin ich ihm gern folge: (3) 1. Zuerst kam eine Kleinschreibmaschine, die in Form und Farbe noch an die Schreibmaschinen der Vorkriegszeit erinnert. Dazu zählt die anderweitig vorgestellte Klein Voss: Klein Voss, sn G691 (1949) O-Ton Ernst Voss: "Bei dem Bau der Maschine wurde grundsätzlich auf Stabiliät der Einzelteile Wert gelegt. Sie ist nach dem Doppelrahmen-Prinzip gebaut, d.h. das Herz der Maschine ist ein fester Metallinnenkern, den als äußere Schutzbekleidung ein hübscher Bakelitmantel, der in kürze auch in allen gewünschten Farben zur Ausführung kommen soll, kleidet ... Der Korb, an dem die ganzen Hebelübertragungen angebracht sind, ist aus reinem Duraluminium mit Kupferlegierung gearbeitet." (8) Eine zweite Variante der ersten Form, die Voss Modell 50, hat die Spulen bedeckt, und Kunststofftasten. Voss 50, sn 28079 (1952) 2. Ab 1952 folgte dann die "fette Form", die tatsächlich an die Skulpturen von Erwin Wurm erinnert. Auch hier gab es verschiedene Modellbezeichnungen und -ausführungen, z.B. mit einzel aufklappbaren "Flügel" Spulendeckeln, oder mit einem einzigen abnehmbaren Spulencover. Voss 24, n° 89739 (1954) 3. Schließlich die hier vorgestellte Voss Privat, die aber ein von den übrigen Modellen der Firma Voss völlig unterschiedliches Modell war (siehe "Genealogie" links). Hier ist ein sehr schönes blaues Exemplar aus der Sammlung Polt: Voss Privat, sn 223959 (1963), courtesy of R. Polt Mit der "Voss Privat" wollte Ernst Voss den Sektor der Reiseschreibmaschinen bearbeiten. Dies stellte sich jedoch als Fehlentscheidung heraus und dürfte stark zu den Problemen der Firma beigetragen haben. In weniger als fünf Jahren nach Einführung der "Voss Privat" war die Firma am Ende. (5) |
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Ursprung in der "Oliver Courier" Wie von Will Davis erforscht, ist die Voss Privat Teil der sogenannten "Euro-Portable" Familie. Genauer gesagt weist sie am meisten Ähnlichkeiten mit der englischen "Oliver Courier" auf, die ihrerseits von der Schweizer "Patria" abstammt. (4) Zwischen Oliver und Voss hatten Geschäftsbeziehungen bestanden, und es ist anzunehmen, daß Voss die Produktionsmittel von Oliver übernahm, als bei dieser die Produktion der "Oliver Courier" zu Ende ging. (4) Dies scheint plausibel, da die "Oliver Courier" nach Information von tw-db 1959 auslief. (2) Ob der Anschluss, also der Produktionsbeginn der Voss Privat in Deutschland, nahtlos schon 1959 oder aber 1960 erfolgte, gilt es noch herauszufinden. Wichtig wären hier Seriennummern von Lesern, die im Besitz einer Voss Privat sind. Einen wichtigen Hinweis zur Produktionsgeschichte liefert die hier gezeigte Bedienungsanleitung für die "Voss Privat". Auf dieser ist eine Maschine abgebildet, die sich von den hier gezeigten zweifärbigen Voss Privat in einigen Punkten unterscheidet, jedoch frappant der letzten Form der Oliver Courier gleicht. Auffällig ist z.B. der verschiedene Zeilenschalthebel, und die Hebelendungen in einer aufgesetzten Metallkugel, während sie auf der zweifarbigen Oliver Privat eckige Plastikaufsätze haben werden. Die Abbildung auf der Bedienungsanleitung der "Voss Privat" zeigt also im Kern eine "Oliver Courier". W. Davis zeigt auf seiner Webseite die praktisch idente englische Anleitung, die dies bekräftigt. (4) Nun ist tatsächlich eine Maschine bekannt, die der Abbildung in der Anleitung gleicht. Sie trägt die Nummer BB/54949.
Zu den Geschäftsbeziehungen zwischen der Oliver Typewriter Co. in Croydon, England, und der Voss Schreibmaschinenfabrik in Wuppertal schreibt W. Beeching Folgendes: "The Oliver Company then [folgend 1958, Anm.] followed several courses of action, importing at various times not only the 'Siemag' Standard but also the 'Voss' from Germany, sold as the 'Oliver' portable, and the 'Japy Beaucourt' from France, sold as the 'Byron' portable, but all these ventures met with little success. They therefore concentrated on the production of portable typewriters in Croydon. After some time the machine tools for the small portables were transferred to the Voss factory in Germany to produce a machine which re-appeared in England as the 'Oliver'." (7, @208) L. Dingwerth schreibt: "Ab 1958 lieferte 'Voss' Maschinen für die englische 'Oliver Typewriter Mfg. Co.', die in England mit gutem Erfolg als 'Oliver'-Maschinen angeboten wurden. Umgekehrt bezog 'Voss' eine 'Oliver'-Reisemaschine, um sie nach Verbesserungen in Deutschland als 'Voss Privat' anzubieten." (9, @628) Bei der von Voss "ab 1958" für Oliver hergestellten Maschine handelt es sich um die "Oliver Consort", die der grossen von Voss erzeugten Schreibmaschine gleicht. (9, @284) W. Davis lässt keinen Zweifel daran, dass die Voss Privat von der Oliver Courier abstammt. (4) Will Davis zeigt auf seiner Seite die Oliver Courier mit der Seriennummer CF 78557. (11) Nach den in Beeching gelieferten Nummern ist diese im April 1959 hergestellt worden. (7, @206). Einen Monat früher hergestellt wurde die oben und unten gezeigte CE/77854.
Was aber bedeutet nun die oben gezeigte Voss Privat n° BB/54949? In den bisher bekannten Seriennummern der Voss Schreibmaschinenproduktion scheint eine derartige Buchstaben- und Zahlenkombination nicht auf. Wohl aber in der Produktionsliste der englischen Oliver Typewriter Co. (7). Nach dieser datiert die Maschine auf Januar 1958. Folgender Schluss würde sich anbieten: Noch während der englischen Produktion, die bis in den Mai 1959 lief, wurden Exemplare der Oliver Courier an die Firma Voss nach Deutschland verkauft, welche die Maschinen unter dem Namen Voss in den Handel brachte. Mit dem Produktionsende in Croydon im Mai 1959 war die Bahn frei für die Firma Voss, die Portables nicht mehr nur zu importieren, sondern die Fabrikationsgeräte zu kaufen und die Voss Kleinschreibmaschine selbst herzustellen. Dabei wurden geringe Verbesserungen bzw. Designveränderungen umgesetzt, z.B. der breitere Zeilenschalthebel, die versteckten Nieten auf der Seite, die eckigen Plastikverkleidungen der bisher runden Hebel. Auf unten abgebildetem Exemplar n° 178.648, also schon mit Seriennummer der Voss Fabrik, und demnach 1960 hergestellt, sind allerdings die Hebelenden noch mit einer kleinen Metallkugel versehen, so wie auf der Oliver Courier. Auch der Zeilenschalthebel hat noch nicht die grosse Schaufelform. Die Nieten auf den unteren Seitenteilen sind allerdings schon verschwunden.
Zum Weiterlesen: |
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Quellen / sources: (1) Will Davis, voss privat page 2, http://machinesoflovinggrace.com/ptf/voss4.html(visited 15.5.2010) (2) Schreibmaschinen Seriennummern Datenbank, http://www.tw-db.com (visited 21.07.2010) (3) Will Davis, Voss Portable Typewriters, http://machinesoflovinggrace.com/ptf/voss.html (visited 15.5.2010) (4) Will Davis, Voss Privat, http://machinesoflovinggrace.com/ptf/voss3.html (visited 21.07.2010) (5) http://machinesoflovinggrace.com/ptf/voss2.html (6) tw-db.com (7) W. A. Beeching, Century of the Typewriter, London 1974 (8) H.F.W. Schramm, Liste der Herstellungsdaten deutscher und ausländischer Schreibmaschinen, 11. Aufl., Burghagen Verlag, Hamburg 1962. Es handelt sich um die fortlaufenden Seriennummern der gesamten Voss-Produktion, also nicht nur der Voss Privat. (9) L. Dingwerth, Lexikon historischer Schreibmaschinen, Delbrück 2008 (10) Voss learnette, n° 204073, amerikanische Tastatur, ebay.com, Juni 2012 (11) W. Davis, OLIVER portables and relatives, http://machinesoflovinggrace.com/ptf/oliver.html, abgerufen am 1.7.2012 (12) Laut Dingwerth (9) 1. Baujahr der Voss Privat. Noch ist keine Nummer aus diesem Jahr bekannt. (13) genannte Nummer erscheint zu niedrig. Druckfehler in Dingwerth? |
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created 15.5.2010 - last updated 21.7.2012 |